Man soll ja mit Superlativen vorsichtig sein und sie nicht durch inflationären Gebrauch entwerten, aber wenn es eine Sache gibt, für die ich der Nachwelt in Erinnerung bleiben möchte, ist es "meine" Bratensauce. Ja, ich bin einigermaßen stolz darauf und habe schon Gäste gehabt, die sie am liebsten pur getrunken hätten. Das Rezept ist in den Jahren durch ständiges Probieren und "Tunen" entstanden und immer besser geworden, bis es dann endlich die hier vorliegende Form gefunden hat. Ich wüsste ehrlich nicht, was man noch ändern könnte, außer vielleicht durch die Zugabe von Morcheln oder Steinpilzen. Einzig der Einsatz von Wein variiert nach Lust, Laune und Saison. Im Winter mag ich es gerne schwerer und setze Port- und Rotwein ein. Bei wärmeren Temperaturen, wie heute, eher Sherry und Weißwein. Auch die Frage, ob heller oder dunkler Fond zum Einsatz kommt, ist weitgehend von der Jahreszeit abhängig. Für eine ordentliche Portion Sauce brauche ich: 1 Zwiebel 2 Stück Sellerie (oder 200 g Knollensellerie) 1 große Möhre 1 Stück Lauch 1/2 Knoblauchknolle 2 EL Butterschmalz Kräuter (hier: Thymian, Oregano, Peterilienstängel, Salbei und Lorbeer) 10 Pimentkörner 3 Nelken 1/2 TL Pfefferkörner 1 EL Tomatenmark 100 ml Sherry 200 ml Weißwein 800 ml Kalbsfond Speisestärke zum Abbinden nach Wunsch Für das Fleisch: 3 EL Dijonsenf 1 TL Paprikapulver (Schärfegrad nach Belieben) 1 TL brauner Zucker 1 EL Olivenöl grobes Meersalz Pfeffer Den Backofen heizen wir auf 140° C Umluft vor. Wir brauchen natürlich auch Fleisch. Hier sage ich es gleich vorweg, wer einen magerem Braten nimmt, wird auch einen mageren Geschmack erhalten. Fett ist ein Geschmacksträger. Bei richtiger Garweise "schmilzt" es aber sozusagen aus dem Fleisch heraus und sorgt so für Saftigkeit und Aroma. Ich habe hier einen gut zwei Kilo schweren Kotelettbraten vom Nacken mit Knochen. Das ist wichtig, denn auch wenn in Schweineknochen nicht ganz so viel Potential wie in denen von Kalb- oder Rind steckt, Geschmack geben sie trotzdem an die Sauce ab. Zudem sorgt die durchs Kochen enstehende Gelatine für ein unvergleichlich samtiges Mundgefühl. Aber egal, welches Fleisch wir letztlich nehmen, zunächst muss es rundherum gut mit Salz eingerieben ... ... und bei starker Hitze in Butterschmalz rundherum angebraten werden. In der Zwischenzeit verrühren wir Senf, Paprikapulver, Zucker, Olivenöl und etwas Pfeffer zu einer Paste ... .. und streichen das noch heiße Fleisch gründlich damit ein. Das Fleisch hat nun erst einmal Pause. Beim Abkühlen entspannt sich die Fleischfaser und zieht sich wieder zusammen. Dabei "saugt" sie die Senfmischung in sich auf. Nun scheiden Zwiebel, Lauch, Möhre und Sellerie in Würfel von etwa zwei Zentimeter Kantenlänge. Knollensellerie schälen, der Rest des Gemüses kann ruhig mit der Schale verwendet werden. Die Gemüse werden nun im Bratfett des Fleisches angeröstet. Notfalls noch etwas Butterschmalz oder Olivenöl dazugeben. Jetzt wird es nebelig. Ist das Gemüse gut angeröstet, löschen wir mit Sherry ab und lassen diesen wieder komplett einkochen.Der Fachmann spricht hier von au sec, das bedeutet, dass die Pfanne (wieder) trocken ist. Ist die Flüssigkeit komplett verkocht und brät das Gemüse wieder, halbiere ich den Knoblauch und gebe ihn in die Pfanne. Ebenso Pfeffer- und Pimentkörner, sowie die Nelken und das Tomatenmark. Auch jetzt lasse ich alles wieder etwas anrösten, bevor ich mit der Hälfte des Weißweins ablösche. Auch dieser muss komplett verkochen und das Gemüse wieder braten. Diesen Schritt wiederhole ich dann mit dem restlichen Wein. Der Duft in der Küche ist jetzt schon unbeschreiblich. Nun gieße ich gut Dreiviertel des Fonds an, lege die Kräuter dazu ... ... und platziere das Fleisch darauf. Da ich als Beilage ohnehin Kartoffeln garen wollte, habe ich sie gleich dazu in den Bräter gelegt und wirklich nur leicht gesalzen. Ohne Kartoffeln kommt man mit insgesamt weniger Fond aus. Das Fleisch wandert nun in den Backofen. Nach einer Dreiviertelstunde können wir die Kartoffeln einmal wenden. Das Fleisch braucht in etwa zwei Stunden. Ist der Braten gar - bei Nacken möchte ich so um die 80° C Kerntemperatur - kommt er aus der Sauce und darf bei maximal 60° C im Ofen ausruhen. Die Kartoffeln stelle ich zunächst auch zur Seite. Die Sauce wird nun durch ein feines Sieb passiert, dabei lösen wir eventuell entstandenen Bratensatz im Bräter mit dem restlichen Fond. Es schadet nicht, das Gemüse etwas auszupressen. Nun kann man die Sauce nach Belieben, zum Beispiel mit etwas in kaltem Wasser angerührter Speisestärke binden. Wir haben gerne sämige Saucen zu Braten, aber das muss jeder selbst wissen. Die Sauce sollte jetzt schön kräftig sein. Weiteres Abschmecken oder gar Sahne waren hier nicht nötig. Die Kartoffeln habe ich dann einfach in etwas Butter und Olivenöl mit Rosmarin geschwenkt, bis sie eine schöne Farbe hatten. Zartes, saftiges Fleisch mit aromatischer Kruste. So soll es sein. Die Sous-Chefin hilft beim Anrichten. Sonntäglicher Schweinbraten mit gigantischer Sauce, Röstkartoffeln, Kohlrabistiften und Sahnemöhrchen. Nicht direkt Diätküche, aber dafür ist ja nur einmal die Woche Sonntag. Restliche Sauce lässt sich prima Einfrieren und später als Grundlage für neue Saucen nehmen.